Stall ohne Strömung
Idealisierte, überzeichnete Darstellung des Auftriebskollaps (stall) |
Was wir "Strömungsabriss" (engl. stall) nennen, kann man in Deutsch als
"Auftriebskollaps" bezeichnen. So ein "Kollaps" passiert nicht rein zufällig
sondern ist neben der Profilierung des Flügelquerschnitts im Wesentlichen vom
Anstellwinkel abhängig. Dieser ist bei den meisten Profilen sehr ähnlich
(ca. 18°). In der Praxis sagt man dann, dass zu langsam geflogen wurde.
Physikalisch gesehen ist es aber zuerst eine Frage des Anstellwinkels.
Höherer Anstellwinkel (z.B. ziehen am Steuerknüppel) führt zu mehr Auftrieb und
Widerstand aber auch zu geringerer Geschwindigkeit. Die Geschwindigkeit kann der
Pilot an seinem Instrument ablesen (auch an den Windgeräuschen hörbar), für Ihn
ist das die Referenz. Entscheidend ist aber der Winkel gegenüber der Flugbahn.
Um das Risiko eines "Kollaps" zu verringern wird daher im Landeanflug bei böigen
Bedingungen geraten, etwas schneller (+ halber Spitzenböenwert) anzufliegen.
Anstellwinkelerhöhung bewirkt eine Verschiebung und Intensivierung dieser
Druckbereiche nach vorne. Durch weiteres ziehen wird das "Druckpolster" stärker
und breitet sich weiter aus. Das "Druckdefizit" nimmt durch den noch stärker
abfallenden Profilrücken zu. Auftriebserhöhung und Widerstandserhöhung bei
abnehmender Geschwindigkeit sind die normale Folge. Was aber wenn man
"überzieht"? Das "Druckpolster" erhöht sich weiter und weitet sich auch hinter
das Profilende aus.
Spätestens jetzt müssen wir uns das gegenüberliegende "Druckdefizit" ansehen.
Das Auffüllen des Freiraums über dem Profilrücken
erfolgt zwangsweise durch die von vorne kommenden aber hauptsächlich durch die
von oben nachfließenden Luftteilchen. Diese werden aber durch den zunehmenden
größeren Freiraum (starke Verdünnung) immer energieärmer. Richtung und
Geschwindigkeit der Luftteilchen wäre gegeben aber er fehlt an Masse - zu
geringe Druckenergie am oberen Profilende.
Auftriebskollaps (stall) im Strömungstunnel |
Ist ein bestimmtes Maß an Druckenergie der oberen Luftteilchen unterschritten,
dann tritt der "Auftriebskollaps" ein. Der höhere Druck ("Druckpolster") füllt
nun von hinten den Freiraum in Form von Wirbeln auf. Die von oben nachfließenden
Luftteilchen des "Druckdefizits" sind vergleichsweise zu energieschwach um das
zu verhindern - was im Normalflug noch möglich war.
Die Druckdifferenz verringert sich durch das Auffüllen deutlich. Das kann je
nach Profil schlagartig geschehen, kann aber auch etwas schleichend vonstatten
gehen, sodass sich der Auftriebseinbruch für den Piloten bemerkbar macht und er
bei sofortigem Nachdrücken wieder einen flugfähigen Zustand herstellen kann
(siehe Auftriebsdiagramm entsprechender Profile). Aufgeklebte Wollfäden im
Stall-Flugversuch zeigen dieses Auffüllen / Zurückfließen.
Beide Bilder stellen dieselbe Situation dar. Ersteres aus der Sicht der Druckverteilung (i.d.R. unsichtbar). das Zweite mit Rauchfäden im Strömungstunnel (künstlich sichtbar). Die unterschiedlichen Inertialsysteme machen den Unterschied.. Die reale Darstellung der verdrängten Luftteilchen könnte man nur in einer Bilderfolge zeigen und unterscheidet sich wieder ganz deutlich. Auftrieb verstehen heißt auch das Unsichtbare verstehen.
Die kontrollierten Stallübungen (aushungern - langsames ziehen am Steuerknüppel bei ausreichender Höhe) sind i.d.R. nicht wirklich gefährlich wenn keine Trudelneigung vorhanden ist. Bei unkontrollierten Stalls tritt der "Kollaps" i.d.R. einseitig auf, ausgelöst durch Anstellwinkelvergrößerung. Verursacht z.B. durch Turbulenzen (mit aufwärts gerichteter Komponente) in Geschwindigkeitsbereichen nahe am unteren Limit oder im langsamen Kurvenflug, i.B. bei Umkehrkurven in den Wind. Unkontrollierte Stalls gilt es grundsätzlich zu vermeiden, sie sind für uns Normalpiloten mit unseren Luftsportgeräten potentiell lebensgefährlich.
Allgemein gilt: Druckbereiche bilden sich und gleichen sich auch wieder aus, egal in welchem Flugzustand, allerdings darf das Ausgleichen nicht schon auf dem Profilrücken erfolgen. Luftdruck wirkt unmittelbar auf die Profiloberfläche, gleichen sich die Druckbereiche über dem Profil teilweise oder ganz aus, verringert sich die Druckdifferenz. Geringe Druckdifferenz = wenig Auftrieb.
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